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Dr. Ernst Götz


Lebenslauf:


Lebenslauf des Dr. phil. Ernst Götz, + 4. März 1917

Ernst Götz wurde am 4. Februar 1892 als Sohn des großherzogl. Hofkutschers Peter Götz (+ 8.3.16) in Darmstadt geboren. Von Ostern 1898 bis Ostern 1901 besuchte er die Knabenmittelschule in Darmstadt und trat dann in das Realgymnasium über. Die Reifeprüfung bestand er im Frühjahr 1910. Von Ende April 1910 bis Ende Juli 1911 studierte er an der Universität München Geschichte, Deutsch und Philosophie. Von Ende Oktober 1911 studierte er in Straßburg, wo er am 15. November 1913 auf Grund der Arbeit "Die Stellung Hessens zur deutschen Einigungsfrage" die philosophische Doktorwürde erwarb. Am 22. und 23. Mai 1914 unterzog er sich der Staatsprüfung für das höhere Lehramt. Bis Ende Juli 1914 arbeitete er noch in Straßburg am Bezirksarchiv des Unterelsaß. Am 1. August 1914 trat er in das Großherzogl. Haus- und Staatsarchiv in Darmstadt ein, wo er infolge des beginnenden Weltkriegs nicht lange bleiben konnte. Am 14. August wurde er beim hiesigen Inf. Regt. No. 115 als Kriegsfreiwilliger angenommen. Als Musketier in dem damals neu gegründeten Res. Inf. Regt. No. 221 rückte er am 12. Oktober 1914 nach Nordfrankreich. Ende November kam das Regiment nach Russland, wo er das Gefecht bei Widawa mitmachte. Danach fiel er bei einer nächtlichen Patrouille in eine Wolfsgrube. Darin wurde er am nächsten Tag, als sich die Russen zurückgezogen hatten, von ungarischen Sanitätern aufgefunden. Er kam mit starkem Bronchialkatarrh in das Reservelazarett Katscher in Oberschlesien, wo er im Dezember 1914 blieb. Im Januar 1915 war er wieder in der Garnison Darmstadt und rückte am 3. Februar als Ersatz für das aktive Inf. Regt. No. 168 wieder nach Russland und zwar an die Bzura. Das Regiment kam Ende März in die Karpathen, wo die Russen Fortschritte gemacht hatten. Ernst Götz nahm an den Gefechten des Karpathenfeldzuges teil (Wussakow, Lubkower Pass, Kobila Höhe u.a.), bis zum 26. Mai 1915, wo er in dem Dorfe Zlotkovice in der Nähe der galizischen Festung Przemysl durch ein russisches Explosivgeschoß am rechten Oberschenkel sehr schwer und am linken leicht verwundet wurde. In der Zeit von Februar bis Ende Mai ging er über 40 Patrouillen, meist mit denselben beiden Kameraden, die ihn auch in der Stunde der schweren Verwundung nicht verließen. Im Feldlazarett zu Dobromil wurde er operiert und dann im Lazarettzuge nach Cosel in Oberschlesien transportiert. Dort erhielt er von seiner Kompagnie die Nachricht, daß er zum etatsmäßigen Gefreiten ernannt sei. Von Cosel wurde er auf Antrag seines Vaters nach Darmstadt verlegt. Während seiner Behandlung in der Losenschen Klinik fand er Zeit, sich wieder auf dem Haus- und Staatsarchiv zu betätigen. Er nahm an der Einrichtung des hessischen Kriegszeitungsarchivs regen Anteil und schrieb darüber anläßlich der hessischen Kriegsausstellung im Februar 1916 einen größeren historischen und aufklärenden Artikel. Im Historischen Verein für das Großherzogtum Hessen hielt er im November 1915 einen Vortrag über die deutsche Einigungsfrage. - Mitte März 1916 wurde er zum Ersatzbataillon des Inf. Regts. No. 168 in Offenbach a.M. entlassen, wo er anfangs Mai als dienstbeschädigt mit einer Rente abgefunden wurde. Nachträglich erhielt er die Hessische Tapferkeitsmedaille. Am 1. Juni 1916 nahm er eine Stelle als wissenschaftlicher Hilfsarbeiter an der Stadtbibliothek zu Mainz an. In der ihm bleibenden freien Zeit schrieb er für Zeitschriften und Zeitungen, meist für die Hessische Landeszeitung und die Grenzboten. Im November 1916 hielt er einen Vortrag im Mainzer Altertumsverein über "Mainz am Vorabend der französ. Revolution" und Ende Januar 1917 einen solchen im Frankfurter Volksbildungsverein über "Partikularismus und Einheitsstaat in der deutschen Geschichte". Viele historische Pläne reiften bei ihm, so hatte er unter Benutzung des Materials des Haus- und Staatsarchivs eine größere Arbeit über österreichische Politik begonnen. Es war ihm nicht vergönnt, seine Pläne zu verwirklichen. An seinem Geburtstag am 14. Februar legte er sich nieder, um nicht wieder aufzustehen. An eitriger Blutvergiftung (Septichämie nach dem Totenschein), die als Folge seiner schweren Beinverletzung anzusehen ist, ist er am 4. März 1917 nachmittags um 2 1/2 Uhr gestorben. So hatte 20 Monate später der Krieg noch sein Opfer gefordert. Zu manchen Hoffnungen berechtigt, leider zu früh verschieden im Alter von 25 Jahren, ruht er auf dem Waldfriedhofe.

Geschrieben im August 1917 von seinem Bruder Fritz
zur Zeit im Felde.
Fritz Götz, Großherzogl. Oberlehrer, Darmstadt, Alicestr. 20.



Selbstzeugnis:


[Feldpostkarte]
Dachewo 20. II. 15

Liebe Eltern!
Bis jetzt geht mirs noch gut. Unsere Stellungen sind angenehm und die Verpflegung
ausgezeichnet. Paketchen schicken!
Herzl. Gruß Euer Ernst.
Viele Grüße von Hans Geyer.